Sind Befristungen von Arbeitsverhältnissen jetzt immer ohne Sachgrund möglich? Kritische Anmerkung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16. Januar 2018 – 7 AZR 312/16

Grundsätzlich sollen Arbeitsverhältnisse unbefristet abgeschlossen werden. Der Gesetzgeber hat jedoch mehrere Möglichkeiten vorgesehen, aus denen es zulässig ist, dass Arbeitsverhältnisse befristet werden. So ist es beispielsweise möglich, ein Arbeitsverhältnis bis zu zwei Jahren zu befristen, ohne dass hierfür ein Befristungsgrund vorhanden sein muss, sofern nicht zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis zum gleichen Arbeitgeber bestanden hat. Darüber hinaus ist eine Befristung aus mehreren Gesetz definierten Gründen zulässig. So darf ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel nach § 14 Abs. 1 Satz 1 werden, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Das ist nach Satz 2 dieser Regelung zum Beispiel der Fall, wenn

  • der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
  • die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
  • der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
  • die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
  • die Befristung zur Erprobung erfolgt,
  • in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
  • der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
  • die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr in einem Verfahren darüber zu entscheiden, ob die Befristung eines Arbeitsvertrages eines Profifußballers sich aus der in „Eigenart der Arbeitsleistung“ ergeben kann. In der am 16. Januar 2018 veröffentlichten Pressemitteilung teilt das Arbeitsgericht insoweit mit, dass die Eigenart im Profifußball eine solche Befristung zulasse. Zur Begründung führt es aus:

„Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport werden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet, die dieser nur für eine begrenzte Zeit erbringen kann. Dies ist eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründet.“

Sollte diese Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes sich tatsächlich durchsetzen, so müsste konsequent beispielsweise eine Abmahnung oder Kündigung des Profifußballers ebenfalls möglich sein, sobald kein Höchstleistungen zu erwarten ist. Denn nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes ist diese eben gerade geschuldet. Das würde jedoch nach unserer Auffassung den Bogen überspannen, denn grundsätzlich ist jeder Arbeitnehmer nur im Rahmen seiner subjektiven Leistungsfähigkeit verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Denn sollte es sich bei dieser besonders gesteigerten Leistungspflicht tatsächlich um eine arbeitsvertragliche Pflicht handeln, würde ein Profifußballer gegen seinen Arbeitsvertrag verstoßen, wenn er diese Höchstleistungen nicht mehr erbringen kann. Sollte das Bundesarbeitsgericht jedoch lediglich diese Verpflichtung als Eigenart des Profifußballs angenommen haben, um eine Befristung rechtfertigen, müsste es sich konsequenterweise auch hinsichtlich anderer Berufsgruppen dieser Argumentation bedienen. So dürften Arbeitsbereiche, in denen gegebenenfalls mit zunehmendem Alter ebenfalls nicht mehr mit entsprechenden Arbeitsleistungen zu rechnen ist (letztlich alle Profisportarten, aber auch Arbeitsbereiche, in denen gegebenenfalls auch nur während kurzer Zeiträume eine Höchstleistung o. ä. Leistungen erbracht werden können), solche Befristung zulässig sein. Letztlich würden auch alle körperlich belastenden Berufe dann einer solchen Zweckbefristung unterliegen. Auch Arbeitsverhältnisse, in denen es gegebenenfalls auf das körperliche Aussehen ankommt, wie zum Beispiel Models, dürften nach dieser Argumentation letztlich unproblematisch befristet werden. Letztlich würde durch eine solche Auslegung der Schutzzweck des § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz vollkommen ins Gegenteil verkehrt. Es bleibt daher zunächst entgegen vieler Pressestimmen abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht das Urteil konkret begründet. Denn bisher liegt lediglich die unseres Erachtens insoweit missverständliche Pressemeldung des Bundesarbeitsgerichtes vor. Es bleibt zu hoffen, dass in den Urteilsgründen eine sehr genaue Auseinandersetzung mit den Eigenarten des Profifußballs erfolgt und entgegen der Pressemeldung klargestellt wird, dass es gerade nicht auf eine höhere Leistungspflicht der Profifußballer ankommt, ob ein Arbeitsverhältnis befristet werden kann.